Wenn ich es nicht selbst probiert und gehört hätte, würde ich
es nicht glauben. Einfach irgend etwas spielen, egal was - es klingt
immer richtig. Dieser Traum wird durch ein neues Musikinstrument und
dessen zwei Hauptkomponenten namens MIDI-Translator und Hotzbox wahr.
Die Steuerzentrale, nämlich die Hotzbox, besteht aus einer flachen
Bedieneroberfläche mit hochempfindlichen, anschlagdynamischen Pads.
Diese sind zum Teil wie eine Keyboardtastatur und auch gruppenweise
angeordnet. Jedes Pad gibt ein MIDI-Event aus, das die Software
(Translator) steuert. Der Translator, der sich in irgendeinem ATARI
mit mindestens IMB Arbeitsspeicher befinden muß, betrachtet diese
Events als Steuersignale und setzt sie entsprechend um. In welcher
Form dies geschehen soll, entscheidet der Benutzer selbst. Außerdem
ist noch ein Tonerzeuger notwendig, um die vom Translator ausgegebenen
Skalen und Akkorde zu hören. Zu empfehlen ist in jedem Fall ein
Expander oder Keyboard mit multitimbralen Fähigkeiten, da mehrere
MIDI-Kanäle gleichzeitig benutzt werden können. Dies ist die
Minimalkonfiguration, die aber noch längst nicht alle Anschlußmöglichkeiten
ausschöpfen kann. Auch die Musikinteressierten, die der schwarzen und
weißen Tasten nicht mächtig sind, kommen diesmal auf ihre Kosten.
Dieser Personenkreis ist dann ebenfalls in der Lage, perfekte Melodien
und Einwürfe zu spielen.
Das Hauptmenü ist der globale Überblick für den MIDI-Datenfluß.
Die Hardware
Die Hotzbox hat die Maße (L/B/H) 93,5 X 57 X 15,5cm und wiegt etwa
30 kg. Die Oberfläche besteht aus 124 Pads, die zu Gruppen angeordnet
sind. Auf der Rückseite befinden sich MIDI-Anschlüsse
"IN", "OUT" und "THRU" sowie "AUX
MIDI IN" und "AUX MIDI THRU". Die letzten beiden sind
ebenfalls 5polig ausgelegt. Zu diesen DIN-Buchsen gesellen sich dann
noch eine 9polige (AUX 7) und 2 25polige D-SUB-Buchsen, Wing-L und
Wing-R.
6 Klinkenbuchsen (6,3mm) sind ebenfalls mit von der Partie. Diese
sind mit "AUX 1 " bis "AUX 6" gekennzeichnet. Mit
einigen Buchsen ist die Hotzbox auf weitere Steuermöglichkeiten
erweiterbar, so daß ein oder mehrere Musiker auf zusätzlichen Pads
mitspielen können. Die Rückwandbeschreibung soll hier mit der Erwähnung
der Power-LED, Netzschafter. Netzanschluß und Reset-Schalter genügen.
Diese Box trägt den Namen des in Los Angeles lebenden Erfinders,
Jimmy Hotz, der in den letzten Jahren sein Wunderwerk schon mehrmals
auf der ATARI-Messe in Düsseldorf vorgestellt hat. 1993 ist es dank
der Gebrüder Haring aus Österreich gelungen die Hotzbox auf der
Musikmesse in Frankfurt an einem Falcon030 vorzustellen. Eines sollte
an dieser Stelle schon mal verraten werden. Die schwere Hotzbox ist
nicht unbedingt erforderlich. An ihrer Stelle kann ohne weiteres ein
Keyboard, wenn auch mit leichten Einschränkungen, zum Einsatz kommen,
das finanziell tragbar ist. Das bislang ausschließlich auf dem ATARI
laufende TranslatorProgramm übernimmt in diesem Fall alle
vorprogrammierbaren Funktionen.
Der erste Einblick
Auffällig ist, daß kein einziges Pad eine Beschriftung trägt und
optisch in keiner Weise einen Hinweis auf seine Funktion gegeben wird.
Dies ist kein Fehler des Herstellers, sondern aufgrund der freien
Programmierbarkeit des MIDI-Translators eine zwingende Maßnahme. Aber
keine Angst - zahlreiche Kompletteinstellungen sind zur Freude des
Erwerbers Bestandteil des Programms und enthalten umfassende Möglichkeiten.
Wer nun selbst Hand anlegen möchte, dem steht frei, für jedes Stück,
das er mit der Box spielen möchte, ein eigenes Setup zu erstellen.
Seitlich und unter den Pads ist genügend Platz, um ein paar selbst
beschriftete Aufkleber anzubringen. Dies ist anfangs sinnvoll, erweist
sich für die Zukunft aber als unnötig, da padgruppenorientiert
angepaßt wird. Der Sinn des Translators ist es, dem Nichtmusiker die
Möglichkeit an die Hand zu geben, perfekt spielen zu können, und dem
Profi zu ermöglichen, seinen Ideen freien Lauf zu lassen. Der Anfänger
erfreut sich an den komplexen Melodien und Akkorden, die er plötzlich
zu spielen in der Lage ist, und der Profi, der selbst komponieren will
und mal keine neuen Ideen hat (auch das soll es geben), spielt von nun
an intuitiv mit den Pads komplexe Einwürfe und polyphone Linien. Neue
Werke könnten so z.B. durch das Spielen gleicher Linien und Änderungen
im Programm spielend erzeugt werden. Hier drängt sich das
Experimentieren quasi auf.
Diese Abbildung zeigt eine Übersicht über die UPPER-, die
LOWER- und die ZOOM-BANK.
Das Geheimnis
Manch einer wird sich nun fragen: "Woher will die Kiste wissen
was ich gerade spielen will?" Das ist sicherlich nicht
vorhersehbar. Gewisse Regeln müssen schon beachtet werden. Um etwas
Licht in das Konzept zu bringen, ist es wichtig zu wissen, daß
bestimmte Pad-Gruppen bzw. Reihen zusammengefaßt sind und als Bank
betrachtet werden. So gibt es hier die Upper-, die Lower- und die
Zoom-Bank, die die wichtigsten Steuergruppen darstellen Jedes Pad
erzeugt MIDI-Events, vergleich bar der Erzeugung von Noten- Events
eines MIDI-Keyboards, und steuert ein Translator-Zelle. Hier verbirgt
sich da eigentliche Geheimnis. Nicht die Padevents stellen den
ATARI-Output dar, son dem die Events der Zelle, die gerade durch das
Pad getriggert wurden. Nun muß jede Zelle separat mit Daten gefuttert
werden was allerdings nicht die Sorge des Neueinsteigers ist, da
reichlich Grundmaterial mitgeliefert wird. Hinter der oberen un
unteren Bank verbergen sich 128 Übersetzungsgitter (Grids). Die
Zoom-Bank weis nur 32 auf. Jedes Übersetzungsgitter is eine 128 * 12-
Matrix und übersetzt da gesamte MIDI-Notenspektrum. Ich glaube, da
klappern schon die ersten Taschenrechner. Um die unausschöpfbaren Möglichkeiten
nun gezielt zu nutzen, fehlt noch die wichtigste Bank, die Zoom-Bank.
Sie sorgt in Echtzeit für das Umschalten der Grids aller Zellen. An
dieser Stelle wird klar, daß die Hotzbox auf mehreren MIDI- Kanälen
gleichzeitig sendet und der ATARI dies sinnvollerweise auch bei der
Ausgabe so hält. Durch Triggern per ZoomBank können auf allen Pads völlig
verschiedene Grids zum Einsatz kommen, und das alles wird durch nur
ein Pad ausgelöst. Die Banks spielen dann Tonleitern oder komplexe
Akkorde, die auf keinen Fall falsch klingen können. Besser gesagt:
"Es erklingt nur das, was sich in der dafür bestimmten Zelle
befindet. Ist diese falsch "gefüttert", wird das Ergebnis
nicht zufriedenstellend klingen. Jedes Pad spielt also einen gezielten
Ton oder Akkord, egal wie sehr man auch daneben hauen mag. Spielt man
etwas anderes, als man vorhatte, klingt es nie falsch, höchstens
anders. Das Grundmaterial für die einzelnen Banks schöpft das
Programm aus den unteren und oberen Akkordtabellen. Diese sind nicht
direkt per Pad ansprechbar und beinhalten 128 Zellen mit Akkord- und
Tonleiterstrukturen, die von den Zellen der Upper-, Lower- und
Zoom-Bank benutzt werden. Hier wird also die gesamte Historie der
Harmonielehre gleich mitgeliefert. Ein Laie muß nicht erst Unterricht
nehmen, und der Profi freut sich über das Grundmaterial. Ohne nun die
ausführliche Bedienungsanleitung in deutscher Sprache, in Form eines
DIN-A4-Ordners, lesen zu müssen, ist es ratsam, einfach mal
draufloszuspielen, um zu hören, wie die Box reagiert.
Die Overviewpage zeigt die skizzierte Oberfläche der Hotzbox.
Connection
Um überhaupt zum Spielen zu kommen, ist es erforderlich, den
MIDI-Out der Hotzbox mit dem MIDI-IN eines ATARls mit mindestens IMB
Arbeitsspeicher zu verbinden. Der MIDI-Output des ATARI führt in den
MIDI-IN eines multitimbralen Expanders. Anstelle der Hotzbox kann, wie
oben bereits erwähnt, ein Keyboard angeschlossen werden, das dann die
Funktionen der Pads übernimmt. Die Tastatur wird dabei in 5
verschiedene Pad-Zonen aufgeteilt. Das Keyboard ist zwar kein
vollwertiger Ersatz, stellt aber eine durchaus günstigere Lösung dar.
Mit dieser Minimalkonfiguration ist Stück für Stück jede Funktion
erlernbar. Wer zu seinen eigenen Sequenzersongs improvisieren will, muß
schon etwas mehr Aufwand betreiben. Ein zweiter ATARI mit Sequenzer-Software
oder ein Hardware-Sequenzer können die Zoom-Wechsel simulieren. Bei
dieser Konfiguration ist eine programmierbare Patchbay zum
Herausfiltern überflüssiger Daten, die die Datenströme des
Translators stören könnten, erforderlich. Nun ist es z.B. möglich,
die Zoom-Befehle direkt in die Sequenzen aufzunehmen, um anschließend
den Translator vom Sequenzer aus zu steuern. All das, was nun auf der
Hotzbox gespielt wird, kann ganz einfach nicht mehr falsch sein. In
diesem Fall wird nicht mal mehr ein Zoompad als solches verwendet.
Einfacher geht es wirklich nicht mehr. Der Traum eines jeden Musik
begeisterten wird endlich wahr. Ob gerade die Flippers oder Bach
angesagt sind, spielt keine Rolle, das zusätzliche Spielen auf der
Box (oder Keyboard) bereichert jeden Sequenzersong.
Die kleine Hotzbox ist etwas handlicher als der große Bruder.
Spezielles
Es sind nicht nur die Noten- und Programchange-Befehle, die
verarbeitet werden, sondern auch komplexe Controller- Daten wie
Pitchbend, Modulation etc. Der Software-Prozessor mit der Bezeichnung
Strings verwaltet diese Datenstränge. Selbst die Verarbeitung der
Velocity-Daten ist voreinstellbar und läßt sich per Zufallsgenerator
steuern. Eine Anpassung an die angeschlossenen Tonerzeuger übernimmt
der Translatot auf der Hauptmenüseite. Man ist also nicht auf die
Sendekanäle der Box angewiesen, diese werden einfach auf die gewünschten
Kanäle umgeleitet. Ist das Konzept erst einmal erkannt, so versteht
man vieles von selbst. Der Translator ist dennoch nicht einfach zu
verstehen und erfordert doch einigen Übungsaufwand. Aus diesem Grund
sollte man zu Beginn die mitgelieferten Komplettlösungen in Anspruch
nehmen. Otto Normalverbraucher wird hier sicherlich alles
Lebenswichtige finden. Wer aber der Meinung ist, daß er bessere Ideen
hat, programmiert einfach seine eigenen Akkorde, Tonleitern und Zellen,
bis er zum gewünschten Ergebnis kommt.
Eine spezielle Anwendung ist noch das Ansteuern von Effekten. Hier
kommen die Filmevertoner voll auf ihre Kosten. Da das Spielen auf
mehreren MID1-Kanälen gleichzeitig möglich ist, kann der komplette
Ablauf vorab im Translator eingestellt werden, und man kann anschließend
sogar Layer-Effekte erklingen lassen. Mit einem MIDI-
to-Gate/Switch/Power-Interface der Firma Döpfer aus Gräfelfing ist
es ein Kinderspiel, eine komplette Lightshow zu realisieren. Der
billigste Bausatz für diese Hardware kostet ab 25,- DM und ist zu
Versuchszwecken ideal. Je länger er über die Hotzbox nachdenkt, je
mehr fällt dem MIDI-Anwender zu diesem Thema ein. Eines ist sicher:
Wer die Box erst mal in Händen hat, wird sie nicht nur für einen
Zweck einsetzen, sondern immer wieder neue Einsatzgebiete finden. Eine
Funktion, die mir zum Schnellstart gefehlt hat, ist die
Akkorderkennung, die den Translator steuern kann. Ein Zoom-Wechsel
wird generell per Programchange ausgelöst und ist daher nicht mit den
Keyboardtasten simulierbar. Würde der Translator an dieser Stelle die
Akkorde erkennen, wie bei der Anzeige im Display einiger
Rhythmuskeyboards und anhand dieser Funktion einen Zoom-Wechsel
veranlassen, wäre ein direktes Mitspielen zum Sequenzer oder
Rhythmuskeyboard ohne lange Anpassungsarbeiten möglich. Es wäre schön,
wenn das Thema Bestandteil des nächsten Updates sein könnte. Ein
Rhythmuskeyboard, das den Baß auf einem einzelnen Midi-Kanal ausgeben
kann, ist auch in der Lage, die Zoom-Wechsel durchzufahren. Die Baßnoten,
die in der Regel monophon gespielt werden, können dann durch
geschickte Anpassung den Translator steuern. Bei sehr schnellen Baßläufen
sollte daher auf Programchange-Befehle verzichtet werden, weil der
Expander dann nicht schnell genug reagieren kann.
Einige Setups bieten perfektes Grundmaterial
Zur Anleitung
Die Bedienungsanleitung ist zwar sehr großräumig geschrieben,
aber nicht immer leicht zu lesen. Da dieses Programm zur Zeit das
einzige seiner Art ist, muß man sich schon durch eine Fülle von
neuen Fachausdrücken kämpfen. Zum besseren Verständnis befindet
sich auf jeder Seite mindestens eine Abbildung, und ein umfassendes
Tutorial erleichtert den Einstieg ungemein.
Mit der Funktion "Channel Shadows" ist das Rooten auf
mehrere MIDI-Kanäle gleichzeitig möglich.
Fazit
Es ist kaum möglich, mit wenigen Worten das Leistungspotential des
Translators zu beschreiben. Allein die Tatsache, daß kein Verspieler
mehr möglich ist, läßt die Herzen höher schlagen. Hier werden sich
wohl auch die Gitarristen angesprochen fühlen, die nun auf den Tasten
klimpern können. Mit einem entsprechenden MIDI-Converter dürfte der
Gitarrist sogar direkt triggern können. Jimmy Hotz hat sicherlich
nicht geahnt, zu welchen Leistungen seine Soft- und Hardware-Entwicklung
fähig sein wird, als er diese ins Leben rief. Übrigens: Jimmy hat 13
ATARIs zu Hause stehen, was wohl für diesen Rechner sprechen sollte.
Ob Jimmy die Box auf seiner Fleetwood Mac-Tournee einsetzt, kann ich
eventuell nach der Tournee in Erfahrung bringen. Meines Wissens sind
Billy Idol und J.M. Jarre bereits stolze Besitzer der großen Hotzbox.
Aufgrund des hohen Preises für die Hardware werden wohl vorerst nur
die Profimusiker in den Genuß kommen, auf einer großen Box zu
spielen. Es bleibt aber weiterhin die Alternative, ein normales
MIDI-Keyboard als Trigger-Gerät einzusetzen oder sich die Medium-Hotzbox
zuzulegen, die immerhin nur die Hälfte kostet. Der Translator erhält
aufgrund der Einzigartigkeit und des guten Preis-/Leistungsverhältnisses
das Prädikat: Empfehlenswert.
Die aktuellen Preise lauten zur Zeit wie folgt:
MIDI-Translator Light-Version: DM 490,-
MIDI-Translator Full-Version: DM 790,-
Hotzbox Touchboard large: DM 15.000,-
Hotzbox Touchboard medium: DM 7.000,-
Bei Betrachtung der Einzelpreise verkrampft sich die Geldbörse
schon ein wenig, aber gemessen an der Funktionsvielfalt und den
Herstellerkosten ist nichts dagegen einzuwenden. Es ist durchaus möglich,
daß sich die Preise in naher Zukunft nach unten bewegen.
ww
Bezugsquelle:
Haring und Haring
MIDI-Translator Hard- und Software
Höfen 112
A-5261 Uttendorf
Tel.: 07724-2543 (nur innerhalb Österreichs)
Tel.: 0043-7724-2543 (für alle anderen)
FAX: 07722-65845 (nur innerhalb Österreichs)
FAX: 0043-7722-65845 (für alle anderen)
Tel.: 08677-64840 (Büro Deutschland)
FAX: 08677-65536 (Büro Deutschland)
Translator Software
Positiv:
einzigartige Software
flexibel und universell einsetzbar
reichlich Grundmaterial wird mitgeliefert
schnelle Zoom-Wechsel in Echtzeit
ausführliche deutsche Bedienungsanleitung
kann von jedem MiDI-Gerät gesteuert werden
Negativ: -
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Hotzbox-Hardware
Positiv:
universell einsetzbar
dynamisch und hochempfindlich
über die Rückwand erweiterbar
Negativ:
sehr schwer
hoher Preis
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